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Eine Katholikin mit Kampfgeist

30. Juli 2011
Vor 100 Jahren ist in Würzburg Emy Gordon gestorben - Gründerin des Frauenbunds – WÜRZBURG. Die Frau, die am 2. Februar 1909 stirbt und am 5. Februar 1909 auf dem Würzburger Hauptfriedhof zu Grabe getragen wird, gehört zu den bedeutendsten katholischen Frauengestalten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Das erkennen auch die Zeitgenossen. Die Tagespresse würdigt Emy Gordon als „segensreich wirkende Schriftstellerin“ und als „Führerin in der christlichen Frauenbewegung“. In den 25 Jahren, die sie in Würzburg verbringt, hat die Sozialreformerin gezeigt, wie segensreich Frömmigkeit, Familiensinn und weibliches Selbstbewusstsein zusammenwirken können.

Am 6. März 1841 erblickt Emilie Caroline Albertine Anna von Beulwitz als Tochter eines adligen Gutsbesitzers im württembergischen Cannstatt das Licht der Welt. Der Tradition entsprechend erhält die ‚Emy‘ gerufene junge Frau Privatunterricht im elterlichen Haus und besucht anschließend ein vornehmes Mädchenpensionat in der französischen Schweiz. Nach einigen Jahren als „Haustochter“, in denen sie auf eine standesgemäße Ehe vorbereitet wird, heiratet Emy von Beulwitz den englischen Diplomaten Sir George Gordon of Ellon. Der Gemahl gehört dem britischen Hochadel an und ist über 30 Jahre älter als seine junge Ehefrau, die vier Kindern das Leben schenken wird.

Kämpferin für Frauenthemen

1884 kehrt die Familie, die jahrelang in der schottischen Heimat von Sir George gelebt hat, nach Deutschland zurück und lässt sich in Würzburg nieder. Hier entfalten sich die sozial-karitativen Aktivitäten von Emy Gordon. Sie engagiert sich im Vorstand des 1895 gegründeten „Marianischen Mädchenschutzvereins“ und initiiert 1905 den „Verband katholischer Vereine erwerbstätiger Frauen und Mäd­chen“. Die alltäglichen Probleme von Fabrikarbeiterinnen und Dienstmädchen liegen ihr am Herzen. Auch für die im Schatten der bürgerlichen Gesellschaft lebenden unverheirateten Mütter macht sich Emy Gordon stark. Sie fordert Aufklärung über Fragen der Hygiene, der Säuglings- und Kinderpflege, die Einführung ärztlicher Kontrollen und die Zahlung von Stillprämien. Mit Hilfe solcher Fürsorgemaßnahmen soll die grassierende Säuglingssterblichkeit gesenkt werden.

Unterstützt von den Vereinen, in denen sie sich engagiert, ruft Emy Gordon unter anderem eine Krippe, eine Säuglingsmilchküche und eine Kinderbewahranstalt ins Leben, um die Kinder berufstätiger Mütter vor Verwahrlosung und Verrohung zu schützen. In ihrer „Rechtsschutzstelle für Frauen und Mädchen“ berät sie weibliche Angehörige der unteren Gesellschaftsschichten in juristischen und sozialen Fragen. Daneben schreibt die engagierte Adelige eine Reihe von Büchern, beispielsweise stammen die „Pflichten eines Dienstmädchens“ und „Die katholische Kindergärtnerin in Schule und Haus“ aus ihrer Feder.

Am 14. Juni 1903 veröffentlicht Emy Gordon in der „Kölnischen Volkszeitung“ einen Aufruf, in dem sie den Zusammenschluss der bis dahin nur lose miteinander verbundenen katholischen Frauenvereine in Deutschland fordert. Sie beklagt, dass die katholische Frauenarbeit wegen ihrer organisatorischen Zersplitterung gesellschaftlich zu wenig wahrgenommen werde. Ihre Stimme findet Gehör. Der Zeitungsaufruf gibt den entscheidenden Anstoß zur Gründung des „Katholischen Frauenbundes“, der noch im gleichen Jahr in Köln aus der Taufe gehoben wird. Am 15. April 1904 entsteht dank des Engagements von Emy Gordon in Würzburg Bayerns erster Zweigverein des „Katholischen Frauenbundes“. Heute zählt die Diözese rund 200 Zweigvereine mit rund 15000 Mitgliedern (bundesweit sind es insgesamt 220000).

Großes Selbstbewusstsein

Ihre starke Persönlichkeit, ihre umfassende Bildung und ihre privilegierte Herkunft sorgen dafür, dass sie der Männerwelt ihrer Zeit mit außergewöhnlichem Selbstbewusstsein gegenübertritt. Beim Katholikentag in Würzburg meldet sie sich im Jahr 1907 zu Wort, stellt die Ziele und Aufgaben des Frauenbundes dar und empfiehlt allen anwesenden Geistlichen nachdrücklich die Beschäftigung mit den Anliegen von Frauen. Und das, obwohl nach der damals geltenden Satzung der Katholikentage nur katholische Männer Rede- und Stimmrecht besitzen.

Als Emy Gordon am Lichtmesstag, dem 2. Februar 1909, im Alter von fast 68 Jahren an den Folgen einer schweren Erkältung stirbt, hat ihr Lebenswerk tiefe Wurzeln geschlagen. Aus ihren in Würzburg gegründeten Betreuungseinrichtungen für Kinder geht nach ihrem Tod die bis heute existierende „Kinderklinik am Mönchberg“ hervor. Daneben lebt in den über 200 Zweigvereinen des katholischen Frauenbundes in unserer Diözese der Geist von Emy Gordon weiter.

Ausführliche Infos bietet die Biographie von Hildegund Braun: „Emy Gordon of Ellon. Ihr Leben und ihre Arbeit für die Frauenbewegung“, Würzburg 1994. Das Buch steht auch in der Würzburger Diözesanbibliothek Würzburg, Domerschulstraße 17.

Dieser Artikel erschien am 1. Februar 2009 im Würzburger Katholischen Sonntagsblatt.
Autor: Ulrich Bausewein, Historiker und freier Mitarbeiter.
Wir danken dem Katholischen Sonntagsblatt, dass wir diesen Artikel auf unserer Homepage veröffentlichen dürfen.


Gedenkfeier am Grab von Emy Gordon

Anlässlich des 100. Todestages von Emy Gordon fand am 2. Februar eine Gedenkfeier mit Prälat Walter Hohmann auf dem Würzburger Hauptfriedhof statt. Die Emy-Gordon-Biografin Hildegrund Braun gab dabei den Anwesenden einen Eiblick in die Lebensgeschichte der Verstorbenen und würdigte ihr Lebenswerk. Mit Blumen und einer gestalteten Kerze ehrte die stellvertretende Diözesanvorsitzende Edeltraud Hann die Frauenbundgründerin für ihr Wirken, das bis heute in den 200 Frauenkreisen des KDFB und in zahlreichen sozialen Einrichtungen Füchte trägt.     (LW)