Ohne Chancengleichheit keine Lohngerechtigkeit
12. März 2019
Die großen Unterschiede bei Verdienst und Aufstiegschancen von Frauen und Männern bleiben auch 2019 bestehen. Das zeigt der Blick auf unterschiedlichste Branchen. Die Vorsitzende des Katholischen Deutschen Frauenbundes Landesverband Bayern (KDFB), Emilia Müller, ist überzeugt: „Gleiche Chancen, eine geschlechtsunabhängige Bewertung von Leistung und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind notwendig. Sonst geht es bei Lohngerechtigkeit nur im Schneckentempo weiter.“ Rollen- und Karrieremuster halten sich in den unterschiedlichsten Bereichen hartnäckig. Wie sind diese aufzubrechen? Dafür Lösungsansätze zu entwickeln, war Ziel einer Diskussionsveranstaltung des KDFB gestern, Montag, in München. Anlass war der Equal Pay Day am 18. März. Bayerns Sozialministerin Kerstin Schreyer machte deutlich: „Der Equal Pay Day ist eine Richtschnur, wie es um die Gleichstellung in unserem Land bestellt ist. Und da ist leider noch immer viel Luft nach oben. Denn auch in diesem Jahr müssen Frauen symbolisch bis zum 18. März umsonst arbeiten, während Männer bereits bezahlt werden. Selbst wenn man die strukturellen Ursachen weglässt – es kann nicht sein, dass Frauen ohne ersichtlichen Grund für die gleiche Arbeit weniger verdienen als Männer. Damit sich hier etwas ändert, muss noch viel in den Köpfen passieren. Aber ich versichere Ihnen: Die Gleichstellung bleibt ganz oben auf meiner Agenda!“Impulse aus Kulturszene, Spitzengastronomie und der Musikbranche zeigten den großen Handlungsbedarf bei der Aufgabe Lohngerechtigkeit. Die Kulturmanagerin Ulrike Keil zog anhand der Studie des Deutschen Kulturrats „Frauen und Kultur“ eine bittere Bilanz: „In kaum einer anderen Kulturbranche werden Frauen stärker diskriminiert als in der Musik. Komponierende Frauen verdienen im Schnitt 35 Prozent weniger als Männer, wenn sie überhaupt Aufträge bekommen.“Auch in der Spitzen-Gastronomie sei eine Karriere für Frauen schwierig, so die Autorin Stephanie Bräuer. Der Weg ganz nach oben bleibe vielen verwehrt: „Wie in anderen Branchen haben ungleiche Karrierechancen auch hier in erster Linie mit der schweren Vereinbarkeit des Jobs mit einer Familie zu tun. Das ist nur langfristig zu lösen, wenn Kindererziehung für Männer und Frauen gleichermaßen selbstverständlich wird. Zudem braucht es den Willen zur Kreativität bei Arbeitgebern, aber auch den Mut zu neuen Ideen, gerade bei den Frauen in dieser Branche“, findet Bräuer. Hartnäckige Rollenmuster sind auch Slampoetin Teresa Reichl gut bekannt. Mit ihrem Engagement in der Nachwuchsarbeit möchte sie junge Frauen motivieren, an sich zu glauben und keine Angst vor der Bühne zu haben. Ihre Reaktion auf diskriminierende Kommentare: „Ich gehe aktiv damit um, baue sie in mein Programm ein und stelle so manchen unbewussten und platten Kommentar als das hin, was er ist: frauenverachtend und diskriminierend.“ Wie diese zugleich überzeugende und humorvolle Strategie ausfällt, stellte sie mit einer Auswahl an Gedichten unter Beweis. Die vielseitig besetzte Diskussionsrunde zeigte, dass viele Frauen ähnliche Erfahrungen machen. Die KDFB-Landesvorsitzende Emilia Müller forderte dazu auf, weiterhin aktiv und hartnäckig auf Verbesserungen im Hinblick auf Lohngerechtigkeit zu drängen: „Erste Erfolge zeigen sich in den aktuellen Tarifverhandlungen, die gerade die sozialen Berufe stärker in den Blick nehmen. Auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nimmt in der Arbeitswelt einen immer wichtigeren Stellenwert ein. Wir sind auf dem richtigen Weg – aber noch lange nicht am Ziel. Frauen müssen in allen Branchen die gleichen Chancen haben. Erst dann ist Lohngerechtigkeit erreicht.“ Redaktion: Ulrike Müller-Münch